VORBEMERKUNG: Gutmeinende Freunde
und Vertreter aus dem Wissenschaftsbetrieb haben mir schon mehrfach empfohlen,
das nachfolgende Dokument meines "Scheiterns" von meiner Homepage zu nehmen.
Es schade mir nur bei Bewerbungen etc. Nun, um es so zu sagen: Potenzielle
Arbeitskollegen im Wissenschaftsbetrieb, die mich als potenziellen Arbeitskollegen
ablehnen, weil sie die hier dokumentierte WAHRHEIT nicht ertragen können,
können mir gestohlen bleiben. Ich will mit solchen Leuten nichts zu
tun haben. Ich sei rechthaberisch? Ja, das bin ich. In einer Welt schreienden
Unrechts habe ich aber schon schlimmere Charaktereigenschaften erlebt.
Oder um es so zu sagen: Wer ein "Gutachten" wie das nachfolgend dokumentierte
und kritisierte vorlegt, ist wissenschaftsethisch gescheitert, wie
man wissenschaftsethisch nur scheitern kann.
Als kleinen Kompromiss habe ich alle Namen anonymisiert
(XXX). Es geht mir nicht um persönliche Scharmützel, sondern
um die Sache - um die WAHRHEIT eben. Das ist zwar heutzutage etwas altmodisch,
aber auch in dieser Hinsicht kenne ich schlimmere Charaktermängel.
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DOKUMENT:
Egbert Scheunemann, Oelkersallee 32, 22769 Hamburg, Tel.: 040/4397000
An
Prof. Dr. XXX
(Vorsitzend... des Prüfungsausschusses)
Universität Hamburg
Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften
Allende-Platz 1
20146 Hamburg
Hamburg, den 29. November 1996
Betr.: Ihr Schreiben vom 25. November 1996: Gutachten zu meiner als Habilitationsschrift eingereichten Arbeit "Ökologisch-humane Wirtschaftsdemokratie. Teil C: Ökologische Kritik am Industrialismus und sozialökologische Alternativen" und Ablehnung derselben durch den Habilitationsausschuß
Sehr geehrt... XXX,
Gegen die Entscheidung des Habilitationsauschusses erhebe ich hiermit
W I D E R S P R U C H.
Nach Lektüre des mir vorgelegten Gutachtens
zu meiner Arbeit bin ich zu dem zwingenden Schluß gelangt, daß
meine Arbeit in wesentlichen Teilen NICHT GELESEN worden sein KANN bzw.
daß jene Teile, die zur Kenntnis genommen wurden, in erheblichem
Maße grob fahrlässig (bis, man hat oft den Eindruck, vorsätzlich)
MISSINTERPRETIERT oder schlicht NICHT VERSTANDEN worden sind. Ich werde
dies im folgenden Punkt für Punkt (in der - nicht gerade systematischen
- Reihenfolge der im Gutachten aufgestellten, streckenweise ungeheuerlichen
Behauptungen) NACHWEISEN.
Dabei möchte ich vorsorglich
und vorab - auf daß sich niemand über zukünftig mögliche
Handlungsweisen meinerseits wundert - feststellen, daß ich diese
Nachweise in jedem forensischen Beweisverfahren (in einem Beweisverfahren
vor Gericht werden in Frage stehende Schriftstücke laut vorgelesen,
damit öffentlich vernehmbar ist, was geschrieben steht und was nicht
geschrieben steht) durchhalten könnte. Ich möchte Sie und alle
anderen Kommissionsmitglieder(1) DRINGEND darum bitten,
die nachfolgende Begründung meines Widerspruches ZEILE FÜR ZEILE
zu lesen. Wenn ich ein zweites Mal den zwingenden Eindruck haben sollte,
daß sich nachweislich inkompetente, von detaillierter Lektüre
meiner Arbeit (und dieser Widerspruchsbegründung) unbeleckte "Gutachter"
eine "wissenschaftliche Beurteilung" meiner Arbeit erdreisten, behalte
ich mir Schritte vor, beamten- bzw. disziplinar-rechtlich prüfen zu
lassen, wofür die Kommissionsmitglieder ihre Steuergelder bekommen
und wofür nicht. Auch eine universitätsweite Bekanntmachung (etwa
in Richtung des Präsidenten) des Skandales, den Ihr "Gutachten" für
halbwegs denkfähige Menschen, die meine Arbeit Zeile für Zeile
gelesen haben, nur darstellen kann, oder gar eine mediengerechte Lancierung
desselben behalte ich mir vor.
B E G R Ü N D U N G
1. Im Gutachten wird zunächst festgestellt, daß ich mich "auf vorhergehende Teile A und B beruf(e)" [S. 1](2). Sodann wird behauptet, diese Teile seien "wohl die Diplomarbeit, die Dissertation und Aufsätze" [ebd.]. In einer Anmerkung zur Einleitung meiner Arbeit habe ich eindeutig formuliert: "Mit Teil A/B sind immer die ersten beiden Teile meines Gesamtprojektes gemeint (Scheunemann 1990b)" (S. 614, Anmerkung 6). Von Diplomarbeit, Dissertation oder gar Aufsätzen ist weder davor noch danach die Rede. Wer hinter meiner Berufung auf die Teile A/B meines Gesamtprojektes "wohl" etwas vermutet, gibt unmißverständlich zu erkennen, daß er benannte Anmerkung definitiv NICHT GELESEN HAT. Mir ist übrigens von einem Kommissionsmitglied bekannt- gegeben worden, daß es den gesamten Anmerkungsapparat meiner Arbeit nicht zur Kenntnis genommen hat (zur Funktion dieses Anmerkungsapparates später noch mehr). Weil mir diese Information unter vier Augen (bzw. zwei Ohren) mitgeteilt wurde - und also im Nachhinein bestritten werden könnte - nenne ich hier keinen Namen.
2. Es wird im weiteren behauptet, daß ich im zusammenfassenden "Teil III" meiner Arbeit - unter anderem - eine "kurze Wiederholung der in I und II schon vorgestellten Modelle" präsentiere [S. 1]. Diese Behauptung ist falsch. Ich begründe am Schluß meiner diese Zusammenfassung einleitenden Sätze (S. 587-588) ausdrücklich, warum ich darin nur Teil II (die Kapitel 14-18) zusammenfasse (und im folgenden auch noch das Modell von Ota Šik kurz referiere - aber das tut hier nichts zur Sache). Wer behauptet, ich habe in dieser Zusammenfassung auch Teil I berücksichtigt, gibt wiederum unmißverständlich zu verstehen, daß er diese Zusammenfassung NICHT GELESEN HAT.
3. Im Gutachten wird ferner behauptet:
"Teil I ist unübersichtlich und wenig systematisch aufgebaut... Zunächst
wird der Begriff ‚Industrialismus‘ mit Hilfe einer Vielzahl von Autoren
vorgestellt (1.). Dann folgt (warum hier?) eine Auseinandersetzung mit
dem Industrialismus als ‚Herrschaft von Wissenschaft und Technik‘... Warum
die Themen Wertewandel (7.2) und neue soziale Bewegungen (7.3) in dem Großkapitel
I behandelt werden - und nicht in dem Unterkapitel II/18. (Transformationsstrategie
und soziale Träger einer Systemveränderung), wo sie systematisch
hingehören - ist nicht einsichtig." [S. 1]
Ich möchte zunächst darauf
hinweisen, daß ich - nachlesbar! - in den einleitenden Abschnitten
jedes Kapitels mehr oder minder kurz oder lang aufzeige und systematisch
zu begründen versuche, warum thematisch folgt, was folgt. Weil die
pauschal abqualifizierende Behauptung "Teil I ist unübersichtlich
und wenig systematisch aufgebaut" nur unter Hinweis auf zwei Hauptkapitel
(2. und 7.) konkret zu untermauern versucht wird, gehe ich im folgenden
auch nur auf diese beiden Beispiele konkret ein:
Es erscheint mir völlig logisch
und systematisch, eine Arbeit über die ökologische Kritik am
Industrialismus mit einem Kapitel (1.) über Vorgeschichte, Geschichte
und Begriff des Industrialismus zu beginnen - damit halbwegs klar ist,
wovon die Rede ist - , um in einem zweiten Schritt (Kapitel 2.) aufzuzeigen,
was das, was sich historisch entwickelt hat, nun definitiv ist bzw. wie
es von den Industrialismuskritikern definiert wird - Industrialismus eben
als Herrschaft von Wissenschaft und Technik (vgl. meine einleitenden Sätze
zu Kapitel 2.: S. 72). Was ist hieran "unsystematisch"?
Völliges thematisches Unverständnis
kommt in der Behauptung zum Ausdruck, die Themen Wertewandel (7.2) und
neue soziale Bewegungen (7.3) gehörten systematisch nicht in Teil
I (Darstellung und Kritik des Industrialismus), sondern in Teil II (Alternativen).
Wertewandel und neue soziale Bewegungen sind soziale Produkte der kapitalistisch-industrialistischen
Entwicklung. Ihre kritische Darstellung als krisenhafte, weil den industrialistischen
Entwicklungsgang störende soziale Phänomene gehört logisch
genauso in Teil I wie die Darstellung beispielsweise des Auftretens anderer
sozialer Grenzen des industrialistischen Wachstums (Kapitel 6) oder eben
die Darstellung der ökologischen Grenzen des Wachstums (Kapitel 5).
Daß Wertewandel und neue soziale Bewegungen genau jene sozialen Entwicklungsprodukte
des Industrialismus sind, die über den Industrialismus transformationstheoretisch
hinausweisen, erscheint klar (ausgebeutete natürliche Ressourcen können
sich nicht wehren): Genau deswegen komme ich in Teil II (Alternativen)
auf diese beiden sozialen Entwicklungsprodukte des Industrialismus zurück
(Transformationsstrategie und soziale Träger einer Systemveränderung,
S. 566 ff.). Was ist hieran "nicht einsichtig"? Wenn meine Abhandlung der
einzelnen Themenschwerpunkte systematisch (logisch nachvollziehbar) ist,
dann ist es logischerweise auch der Aufbau meiner Kritiken am jeweiligen
Ende aller Kapitel - jenseits der im Gutachten pauschalen, ohne jede Begründung
festgestellten Unterstellung einer "unsystematischen Abfolge von ad-hoc
Kritiken" [S. 3].
4. Im Gutachten wird im weiteren behauptet: "Es fehlen eine systematische Forschungsstandanalyse... sowie die Einordnung... in den aktuellen Diskussionsstand." [S. 2] Nun, meine Arbeit in ihrer zusammenfassend darstellenden Gesamtheit IST diese als fehlend inkriminierte "systematische Forschungsstandanalyse". Ich weise in meiner Einleitung (S. 16 ff.) ja gerade darauf hin, daß ich die ökologische Industrialismuskritik, die sich ab Mitte der 80er Jahre in die wissenschaftlichen Teildisziplinen verflüchtigt hat, ebenso detailliert wie umfassend zu rekonstruieren, also den entsprechenden aktuellen Stand der Diskussion zu entwickeln gedenke. Man könnte mir mit Argumenten (die ich im Gutachten nicht gefunden habe) maximal vorwerfen, daß mir dieser Versuch, den Forschungs- bzw. Diskussionsstand zu entwickeln, mißlungen ist - nicht jedoch, daß selbiger "fehlt".
5. Es wird im Gutachten weiterhin behauptet: "Die zentralen Fragestellungen und alternativen Modelle der vorliegenden Arbeit wurden seit den siebziger Jahren durch Mumford, Illich, Strasser, Traube, Huber, Bahro, Gorz, Beck u.a. entwickelt, über die (der, E.S.) Verf. theoretisch nicht hinausgeht." [S. 2] Was soll man von einer derart pauschalen, noch nicht einmal versuchsweise begründeten Abkanzelung halten? Nun, ich gehe in den meisten meiner Kritiken (am jeweiligen Ende aller Kapitel) über die "Fragestellungen" und "Modelle" der genannten (und anderer) Industrialismuskritiker streckenweise gewaltig "hinaus": Ich zeige (bis zum Nachweis des Gegenteils: schlüssig) auf, daß, um nur wenige zentrale Beispiele aufzuzeigen, Gorzens (von vielen anderen geteilte) These vom Ende der Arbeitsgesellschaft empiriewidriger Unsinn ist (S. 256 ff.), daß die Technokratiethese (Traube, Gorz etc.) kaum haltbar ist (S. 108 ff.; auf diese Technokratiethese, die mir im Gutachten GROTESKERWEISE unterstellt wird, werde ich noch zurückkommen) oder daß über die von den Industrialismuskritikern entwickelten alternativen "Modelle" gewaltig "hinausgegangen" werden muß (etwa was den ökologischen und damit makroökonomischen Umbau des Industrialismus betrifft: vgl. S. 399 ff. bzw. 430 ff.). In letzterem Bereich sind die "Modelle" der Industrialismuskritiker nämlich extrem dürftig. Ich zeige an den genannten Stellen detailliert auf, warum dies so ist, und in welche Richtung über diese "Modelle" "hinausgegangen" werden muß. Man könnte mir mit Argumenten (die ich im Gutachten wiederum nicht gefunden habe) maximal vorwerfen, daß meine Kritik an den "Modellen" der Industrialismuskritiker nicht stimmt bzw. daß ich nicht schlüssig über diese "hinausgehe" - nicht jedoch, ich würde nicht über sie "hinausgehen".
6. Es wird ferner behauptet: "Im übrigen wird die Auswahl (der oben genannten Autoren?, E.S.) nicht weiter begründet, ergibt sich nicht aus einem inhaltlich-systematischen Frageansatz und blendet die internationale Literatur (engl., franz.), soweit sie nicht übersetzt vorliegt, wie selbstverständlich aus." [S. 2] Nun versuche ich eindeutig, zu be- gründen, auf welcher Literaturgrundlage ich mich bewege: Ein Unterabschnitt meiner Einleitung ist sogar entsprechend betitelt (S. 16 ff.). Wurde der gelesen? Ich lasse meine darin geäußerten Argumente nicht einfach mit dem pauschalen Passus "nicht weiter begründet" vom Tisch fegen und weise diesen Passus insofern meinerseits pauschal ab. Wer sich auch nur andeutungsweise in der ökologischen Industrialismuskritik auskennt, wird die Auswahl der von mir genannten Autoren (S. 16) als völlig themen- und sachadäquat bezeichnen müssen. Daß mir in sieben Jahren systematischer Auseinandersetzung mit dem Thema (meine Literaturliste, S. 804 ff., umfaßt auf 28 eng bedruckten Seiten überschlägig etwa 600 ausgewertete Titel!) ein wichtiger Autor, ein wichtiges Buch entgangen sein sollte, kann ich nicht nachvollziehen(3); und man könnte mir Gegenteiliges ja leicht nachweisen, indem man mir diesen Autor bzw. dieses (in welcher Sprache auch immer verfaßte) Buch einfach nennt! Warum ist im Gutachten aber nicht ein Buch genannt, in dem irgendwelche wichtigen, themarelevanten Zahlen, Daten, Fakten, Begründungen, Argumente, Modelle etc. genannt werden, die in meinem Buch bzw. in der von mir zitierten Literatur nicht zu finden wären?
7. Es folgt im Gutachten ein Passus, der
überdeutlich, ja DENKNOTWENDIG (und, ich muß mich wiederholen:
in jedem forensischen Beweisverfahren durch lautes Vorlesen der entsprechenden
Teile meiner Arbeit definitiv nachweisbar!!) aufzeigt, daß wesentliche
Teile meiner Arbeit nicht zur Kenntnis genommen, d.h. GELESEN worden sein
KÖNNEN: "Der unklare, moralisch gespeiste Normativismus... verleitet
Herrn Scheunemann in den folgenden Kapiteln offenkundig dazu, sich nur
auf sozialistische Ökologiekritiker zu konzentrieren und sozialökonomische
Alternativen ausschließlich im linken Lager zu suchen (Strasser,
Gorz, Bahro, Huber, Šik). Alternative Lösungsangebote, etwa
die liberal-marktwirtschaftliche Ökologiekritik und marktkonforme
Instrumente zur Lösung ökologischer Probleme, werden nicht einmal
erwähnt, geschweige denn erörtert." [S. 2]
Nun würde ich zunächst,
um nur wenige prominentere Beispiele (aus, wie gesagt, über 600 Titeln
von wohl 500 Autoren!) zu nennen, Mumford (S. 22 ff.), Fred Hirsch (S.
204 ff.), Bell (S. 269 ff.), Galbraith (S. 294 ff.), Luhmann (S. 131 ff.),
Brunowsky/Wicke, Frey, Georgescu-Roegen (S. 177 ff. u. 199 ff.), Inglehart
(S. 218 ff.), Kapp (S. 180 ff.), Meadows u.a. (S. 168 ff.), Meyer-Abich,
Piore/Sabel (S. 264 ff.) oder Polanyi - Autoren, denen ich, wie eben nachgewiesen
(und also nachlesbar!), oftmals eigene Kapitel bzw. Unterkapitel gewidmet
habe - nicht gerade, um es zurückhaltend zu formulieren, als glühende
Sozialisten bezeichnen! Das politische Spektrum der genannten Autoren würde
ich von liberal bis stockkonservativ einschätzen.(4)
Jedoch auch jenseits dieser Hinweise
auf nichtsozialistische Autoren erscheint die Behauptung schlechterdings
ABSURD, ich hätte "marktkonforme Instrumente zur Lösung ökologischer
Probleme... nicht einmal erwähnt, geschweige denn erörtert" [S.
2]. Wer so etwas schreibt, hat wichtige Teile meiner Arbeit definitiv NICHT
GELESEN: Im 15. Kapitel "Ökonomisches Gleichgewicht: Die ökonomische
Makroebene: Dualwirtschaft II" (S. 399 ff.) weise ich detailliert nach,
daß "keiner der Industrialismuskritiker" (S. 401) eine marktferne
Planung der Produktion à la Sowjetsystem favorisiert, "daß
die Industrialismuskritiker grundsätzlich Liberale, ja Wirtschaftsliberale
sind, Anhänger der Marktwirtschaft und privater Wirtschaftsfreiheit"
(S. 424). Und vor allem im Kapitel über die Instrumente zur Erreichung
eines ökologischen Gleichgewichtes (S. 446 ff.), also bei DEM Thema
der Industrialismuskritiker, wird detailliert dargestellt, "daß bei
den Industrialismuskritikern Lenkungssteuern als das (VÖLLIG MARKTKONFORME!!,
E.S.) Instrument aller Instrumente der makroökonomischen wie ökologischen
Regulation erscheinen" (S. 452). Ökologische, marktkonforme Lenkungssteuern
werden von mir insofern ebenso intensiv wie affirmativ diskutiert (S. 452
ff.) Ge- und Verbote (die, wenn sie alle Marktteilnehmer betreffen, übrigens
durchaus auch als marktkonform bezeichnet werden können), spielen
nur eine Ausputzerfunktion (S. 461 ff.). Und insofern sich Joseph Huber,
als einer der bekannten Industrialismuskritiker, expressis verbis auf das
ökonomische Alternativmodell von Ota Šik bezieht (S. 384 u. 443, Anmerkung
18: S. 785), bezieht er sich auf ein ausgewiesenermaßen marktwirtschaftliches
Modell (vgl. S. 602 ff., speziell 608 ff.). Die heute schon hochgradig
regulierte Marktwirtschaft (S. 401 f.) soll als Marktwirtschaft nicht abgeschafft,
sie soll lediglich "etwas anders", eben in Richtung eines ökosozialen
Gleichgewichtes reguliert werden.
8. Im Gutachten steht weiter zu lesen,
daß ich mich in meinem Erkenntnistheoretischen Prolog (S. 11 f.)
auf das Projekt Humanismus und Aufklärung wert- wie erkenntnistheoretisch
beziehe: "Der Verf. führt diesen normativen Wertbezug zu Aufklärung
und Humanismus (von erkenntnistheoretischem Bezug ist hier schon keine
Rede mehr, E.S.) weder in der Einleitung noch in den folgenden Kapiteln
weiter aus. Eine ideengeschichtliche, sozialphilosophische oder systematische
Begründung oder wenigstens Explikation der zitierten Wertentscheidung
wird nicht einmal versucht... Der spätere ‚Exkurs I‘ (S. 108 ff.)
über die ‚Dialektik der Aufklärung‘ hätte dem Verf. ebenso
wie die zeitgenössische Kontroverse über einen umstandslosen
normativen Bezug auf eine vermeintlich in dieser Hinsicht eindeutige ‚Aufklärung‘
eigentlich Anlaß geben müssen, seinen Standpunkt zu verdeutlichen.
Daß es nicht ohne Grund und Anlaß seit Mitte dieses Jahrhunderts
eine philosophische kontroverse Debatte über den ‚Humanismus‘ (eben
war noch von ‚Aufklärung‘ die Rede, E.S.) gegeben hat, die einen nicht
weiter explizierten normativen Bezug ebenso verunmöglicht, scheint
dem Verf. nicht einmal bekannt zu sein." [S. 3]
Nun habe ich mit meinem Erkenntnistheoretischen
Prolog zunächst nur zu vollziehen versucht, was man eigentlich von
jeder wissenschaftlichen Arbeit erwarten sollte, aber schlimmerweise nur
selten geliefert bekommt: zumindest einen kurzen Hinweis darauf zu geben,
wie man und warum man Wissenschaft zu betreiben gedenkt.(5)
Das erscheint mir grundsätzlich löblich und nicht kritikwürdig.
ABSURD und von der LEKTÜRE
der entsprechende Teile meiner Arbeit wiederum VÖLLIG UNBELECKT erscheint
mir hingegen die Behauptung, daß mir die wissenschafts- und humanismus-
bzw. aufklärungskritische Debatte der letzten Jahrzehnte "nicht einmal
bekannt zu sein (scheint)". Es ist in meiner Arbeit nachzulesen (S. 72
ff. zur Wissenschaftskritik), in welch heftigen Ausmaßen die Industrialismuskritiker
und jene Theoretiker, auf die sie sich affirmativ beziehen (Capra, Feyerabend,
Marcuse, Beck und viele, viele andere, in meinen entsprechenden Anmerkungen
genannte Autoren: S. 626 ff.), die eindimensionale Rationalitätsentfaltung
(Stichworte: mechanistisches Weltbild à la Descartes, Galilei, Newton,
Hume, Bacon, Positivismuskritik etc.) einer reduzierten Aufklärung
kritisieren (und wie ich diese Kritiken meinerseits kritisiere: S. 108
ff.); und es ist vor allem nachzulesen - worauf das Gutachten ja verweist,
aber nicht eingeht - , daß die Kritik am Projekt Humanismus und Aufklärung,
die Horkheimer/Adorno in ihrer "Dialektik der Aufklärung" (S. 120
ff.) vorgelegt haben (und auf die sich die aufklärungskritische Debatte
bis heute GRUNDLEGEND bezieht) in ihrer wesentlichen ‚Begründung‘
ABSURD ist (vgl. meine im Gutachten in keiner Weise in Frage gestellte
Begründung dieses in der Tat harten Urteils: S. 125-126). Ich wiederhole
diese Begründung an dieser Stelle nicht. Sie ist, wie gesagt, nachlesbar.
Mir ist die Kritik am Projekt Aufklärung (und, was oft unterschlagen
wird, Humanismus) selbstverständlich bekannt - ich diskutiere sie
in den genannten Kapiteln ja ausführlich. Ich finde diese Aufklärungskritik
jedoch, wie detailliert nachlesbar, größtenteils miserabel.
Deswegen sehe ich keinerlei Grund, warum ich mich nicht auch weiterhin
wert- wie erkenntnistheoretisch auf das Projekt Humanismus und Aufklärung
beziehen sollte.
9. Nun ist mein Stil, in dem ich Horkheimer/Adornos grundlegende (gleich folgende) These (wie auch manch anderen Unsinn(6) manch anderer, im Gewande von Wissenschaft und Wahrheitsfindung daherkommender Autoren) kritisiere, in der Tat oft polemisch. Von "üblen Polemiken" [S. 4] könnte man jedoch nur dann sprechen, wenn ich keine oder falsche inhaltliche Argumente vorbringen würde. Dies nachzuweisen, unternimmt das Gutachten jedoch AN KEINER EINZIGEN STELLE! Ein "wissenschaftliches Gutachten", das sich JEDER INHALTLICHEN ARGUMENTATION ENTHÄLT, und sich in Form einer ÜBLEN POLEMIK mit einer sprachstilistischen Kritik einer - vermeintlichen! - "üblen Polemik" begnügt, ist einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung eigentlich unwürdig - so etwas gehört maximal ins literarische Kaffeekränzchen. Wenn im Gutachten dann aber noch grob fahrlässig bis völlig entstellend aus meiner Arbeit zitiert wird, muß man sich so langsam fragen, welche MOTIVE die Autoren des Gutachtens eigentlich treibt (davon später mehr). Es steht im Gutachten zu lesen: "Nach Scheunemanns Urteil kommen Horkheimer und Adorno ‚an keiner (!) Stelle über billige, naive Analogieschlüsse hinaus‘ (S. 121) - man fragt sich, warum er dann soviel Aufhebens macht, vielleicht, weil er ihnen nur zwei Seiten weiter gönnerhaft immerhin eine ‚übrigens auf weite Strecken sehr gut analysierte‘ Darstellung des Antisemitismus (S. 123) zugesteht." [S. 4] Es steht bei mir hingegen zu lesen: Horkheimer/Adorno "kommen zweitens in ihrem Bemühen, aufzuzeigen, daß ‚aufklärende(s) Denken... schon den Keim zu jenem Rückschritt ent(hält), der heute (1944!, E.S.) überall sich ereignet‘... an keiner Stelle über billige, naive Analogieschlüsse hinaus." (S. 121) Ich beziehe mich EINDEUTIG, was im Gutachten durch das verkürzte Zitat völlig unterdrückt wird, auf das genannte "Bemühen" von Horkheimer/Adorno. Und DABEI (nicht etwa bei ihrer in der Tat gelungenen Analyse des Antisemitismus), kommen sie an keiner Stelle über billige, naive Analogieschlüsse hinaus. Ich finde es in der Tat billig und naiv sowie, um dies hinzuzusetzen, ebenso moralisch verkommen wie kognitiv schlechterdings IDIOTISCH, das Projekt Humanismus und Aufklärung als KEIM des FASCHISMUS zu bezeichnen - und dann LEDIGLICH (ich habe die ‚Dialektik der Aufklärung‘ Zeile für Zeile gelesen und exzerpiert - und immer wieder und immer wieder die zentralen Stellen gelesen, weil ich nicht glauben konnte, was ich da an Unsinn las) darauf hinzuweisen, daß es im Projekt Aufklärung unter anderem AUCH das Moment der Reduktion gibt (in Form der mathematischen Zahl) - wie es analog (Analogieschluß!) im Faschismus das Moment der Reduktion gebe (Stichworte: Gleichschaltung, Uniformierung). Aber was soll ich mich hier detailliert ausbreiten: Dies alles ist in meiner Arbeit NACHLESBAR (S. 120-131).
10. Im Gutachten steht, was meine "Methodik"
betrifft, weiter zu lesen: "Später bezieht sich der Verf. auf den
Methodenpluralismus von Paul Feyerabend (S. 85-88), ohne jedoch einen Bezug
zum ‚Erkenntnistheoretischen Prolog II‘ oder zur ‚Einleitung‘ herzustellen,
und arbeitet dabei vor allem Feyerabends These heraus, der ‚Spielraum der
Willkür‘ bei der Wahrheitssuche könne ‚im Prinzip (nur) durch
eine demokratische Abstimmung geschlossen werden‘ (S. 87). Diese von Feyerabend
niemals als Methodologie positiv für die Untersuchung wissenschaftlicher
Fragen vorgeschlagene oder in einer seiner Untersuchungen selbst angewandte
Position ist mit der Wahrheitstheorie der ebenfalls von Scheunemann (s.o.)
in Anspruch genommenen ‚Diskurstheorie‘ unvereinbar, ohne daß Scheunemann
diese Widersprüche jemals aufklärt." [S. 3] Zunächst ist
es, so glaube ich, nicht meine Aufgabe, den im Zitat angedeuteten vermeintlichen
Widerspruch zwischen Feyerabends theoretischer "Position" (Stichwort: „demokratische
Abstimmung“) und seinem konkreten Handeln in seinen konkreten Arbeiten
(Stichwort: „niemals selbst angewandt“) aufzulösen. Dies könnte,
wenn er denn noch lebte, maximal Feyerabend selbst tun. Wenn man aber Feyerabend
gründlich gelesen hat (oder auch nur meine Zusammenfassung seiner
Thesen: S. 88 ff.), dann könnte man jedoch durchaus begreifen, daß
Feyerabend den Wahrheitsfindungsmodus der demokratischen Abstimmung nur
für jene Entscheidungssituationen reservieren wollte, in denen sich
ein NICHT WISSENSCHAFTLICH ENTSCHEIDBARER "Spielraum der Willkür"
faktisch ergeben hat (das betrifft selbstverständlich nicht alle wissenschaftlichen
Entscheidungssituationen), in denen also WISSENSCHAFTLICHES Gutachten gegen
WISSENSCHAFTLICHES Gutachten (wie inzwischen in vielen technischen Anwendungsbereichen
der Wissenschaft SO OFT!) gegenüberstehen. Und außerdem kann
ich nicht begreifen, wie ein Autor (z.B. Feyerabend) in einer seiner Monographien
eine demokratische Abstimmung "selbst" anwenden sollte....
Schlichtweg nur noch peinliche,
nicht nur meine Arbeit, sondern auch andere sozialtheoretische Modelle
betreffende Unkenntnis offenbaren die Autoren des Gutachtens, wenn sie,
wie zitiert, behaupten, der Wahrheitsfindungsmodus der demokratischen Abstimmung
sei "unvereinbar" mit der "Wahrheitstheorie" der "Diskurstheorie" (Habermas,
Apel), die ich ebenfalls in Anspruch nehme.
Vorab möchte ich darauf hinweisen,
daß ich seit Abschluß meines Projektes "Ökologisch-humane
Wirtschaftsdemokratie" an einem Projekt arbeite mit dem Arbeitstitel "Natur
und Gesellschaft bei Habermas". In diesem Zusammenhang werte ich das Gesamtwerk
Habermas' unter der genannten Fragestellung systematisch aus (ein Register
zum Gesamtwerk von Habermas soll mein Projekt, als Buch publiziert, ergänzen).
Befragen wir also zum Themenkomplex Demokratie, herrschaftsfreier Diskurs
und Wahrheit meine Exzerpte bzw. lassen wir den Meister selbst zu Wort
kommen: Habermas spricht schon in seinem frühen Werk „Strukturwandel
der Öffentlichkeit“ affirmativ vom "Prinzip der Demokratie" bzw. dem
der "Garantie der allgemeinen Zugänglichkeit... als... Voraussetzung
der Wahrheitsgarantie für eine immerhin Gesetzen der Logik verpflichteten
Rede und Gegenrede" (Darmstadt/Neuwied 1980, S. 259 f.) bzw. vom "Moment
der Öffentlichkeit (Demokratie!, E.S.), das Vernünftigkeit (Wahrheit!,
E.S.) verbürgt" (ebd., S. 280). In Erkenntnis und Interesse ist zu
lesen: "Die Wahrheit ist öffentlich." (Frankfurt/a.M. 1973, S. 128);
sowie: "Der in Diskursen allein zugelassene Zwang ist der des besseren
Argumentes; das einzig zugelassene Motiv ist das kooperativer (welche andere
soziale Kooperationsform könnte bei Habermas gemeint sein die demokratische?,
E.S.) Wahrheitssuche." (ebd., S. 386); und schließlich ist von der
"Konsenstheorie der Wahrheit" die Rede (ebd., S. 406). In „Technik und
Wissenschaft als ‚Ideologie‘“ steht zu lesen: "Freilich würde sich
erst in einer emanzipierten Gesellschaft, die die Mündigkeit ihrer
Glieder realisiert hätte, die Kommunikation zu dem herrschafts-freien
Dialog (bei Habermas die Methode der Wahrheitsfindung, E.S.) aller mit
allen (Demokratie!, E.S.) entfaltet haben" (Frankfurt/a.M. 1968, S. 164).
In „Zur Logik der Sozialwissenschaften“ wird ein direkter Zusammenhang
zwischen dem "Begriff einer Wahrheit, die sich an der idealisierten, in
unbegrenzter und herrschaftsfreier Kommunikation erzielten Übereinstimmung
bemißt", dem "richtigen Leben" und der "‘Form der Demokratie‘ (Habermas
zitiert hier affirmativ Mead, E.S.)" hergestellt (Frankfurt/a.M. 1985,
S. 362). In „Kultur und Kritik“ steht, nach einer kurzen diskurstheoretischen
Einführung der "Konsenstheorie der Wahrheit", weiter zu lesen, daß
die "Institutionalisierung von Diskursen" in "akademischer Lehre und Forschung",
in den "Erfahrungswissenschaften" oder im Bereich "politischer Herrschaft...
die Form der Demokratisierung hat" - Errungenschaften der "bürgerlichen
Demokratie", die "heute.., ob nun eher neo-liberal im Namen einer Elitetheorie
oder eher technokratisch (darf ich technokratisch als demokratiefeindlich
interpretieren?, E.S.) im Namen der Systemtheorie.., unverhohlen widerrufen"
werden (Frankfurt/a.M., 1973, S. 381 u. 383). In „Zur Rekonstruktion des
Historischen Materialismus“ schreibt Habermas, "daß die in der Moderne
zugänglich gewordenen Rationalitätsstrukturen (diese umfassen
bei Habermas bekanntlich die kognitiv-instrumentelle, die normativ-praktische
und die ästhetisch-expressive, also Wahrheit, Richtigkeit und Wahrhaftigkeit
verkörpernde Vernunftsdimension, E.S.)(7) noch
nicht ausgeschöpft sind und eine umfassende institutionelle Verkörperung
in der Form weitergehender Demokratisierungsprozesse (!!, E.S.) erlauben."
(Frankfurt/a.M. 1976, S. 44) In „Kleine Politische Schriften I-V“ schreibt
Habermas: "Mein Votum für diesen... Weg (es ist von der Demokratisierung
der Hochschule die Rede, E.S.) möchte ich begründen, indem ich
eine Affinität und innere Beziehung des universitären Wissenschaftsbetriebs
zu der demokratischen (!!, E.S.) Form des Willensbildungsprozesses aufzuzeigen
versuche." (Frankfurt/a.M. 1981, S. 146) Und es folgt überdeutlich:
"In seltensten Fällen werden praktische Fragen in.... rationale(r)
Form entschieden. Aber eine Form der politischen Willensbildung gibt es,
nach deren Prinzip in gleicher Weise Entscheidungen von einem in herrschaftsfreier
Diskussion erzielten Konsensus abhängig gemacht werden sollen - und
das ist das demokratische (!!, E.S.). Das Prinzip der Öffentlichkeit
soll dabei jede andere Gewalt als die des besseren Argumentes ausschalten;
und Mehrheitsentscheidungen (!!, E.S.) gelten dieser Idee zufolge nur als
Ersatz für den zwanglosen Konsensus, der sich am Ende herausstellen
würde, wenn man nicht stets die Diskussion unter Entscheidungszwang
abbrechen müßte. Dieses Prinzip, daß - kantisch gesprochen
- allein Vernunft Gewalt haben solle, verbindet die demokratische (!!,
E.S.) der politischen Willensbildung mit jener Art Diskussion, der auch
die Wissenschaften (!!, E.S.) ihren Fortschritt verdanken; denn in diesem
Fortschritt dürfen wir das Moment der Willensbildung nicht übersehen.
Darin zeigt sich eine untergründige Einheit von theoretischer und
praktischer Vernunft." (ebd., S. 147 f., Hervorhebung E.S.) Und in seinem
Hauptwerk „Theorie des Kommunikativen Handelns“ spricht Habermas schließlich
vom herrschaftsfreien Diskurs als einer "idealen, gegen Repression und
Ungleichheit in besonderer Weise immunisierten Sprechsituation", vom "Wettbewerb
um die besseren Argumente" vor einem "universalen Auditorium (Demokratie!,
E.S.)", von dem den "Ideen von Wahrheit (!!, E.S.) und Richtigkeit implizit
eingebauten Universalitätsanspruch", der "immanenten Vernünftigkeit
der Rede" und von einem "Kommunikationszusammenhang.., der prinzipiell
allen Beteiligten (Demokratie!, E.S.) offensteht". (Frankfurt/a.M. 1995/1981
Bd. 1, S. 49 u. 188)
Ich will es mit der Zitiererei hiermit
bewenden lassen. Die Zitate sollten nur aufzeigen, daß jene, die,
wie im Gutachten geschehen, einen "Widerspruch" bzw. eine Unvereinbarkeit
zwischen dem Demokratieprinzip einerseits und den Prinzipien Diskurs/Wahrheit
andererseits konstruieren, von Habermas' Theorie nicht viel Ahnung haben
KÖNNEN! Zu nachweisbarer UNBELESENHEIT (was meine Arbeit betrifft)
gesellt sich also INKOMPETENZ bezüglich DER zeitgenössischen
Sozialphilosophie.
11. Es ist im Gutachten von meinem "III. Teil, der die ‚Ergebnisse‘ der Untersuchung laut Überschrift (S. 587) zusammenfassen soll" die Rede [S. 3]. Auch das kann nur schreiben, wer das, worüber er schreibt, definitiv NICHT GELESEN hat. Von "Ergebnissen" ist "laut Überschrift" an der genannten Stelle definitiv nicht die Rede. Und weiter heißt es, daß sich "weder von Apel/Habermas noch von Feyerabend her die Begründung seiner ‚Schlußfolgerungen‘ (auch dieses suggerierte Zitat stammt nicht von mir!, E.S.) nachvollziehen (läßt). Diese bestehen vielmehr aus einer Reihe apodiktischer Behauptungen." [S. 3-4] Nun wüßte ich nicht, warum ich mich bei einer Zusammenfassung der Thesen und Alternativen der Industrialismuskritiker auf Habermas oder Feyerabend(8) beziehen sollte.(9) Was die Industrialismuskritiker - zusammengefaßt - sagen, das sollen mal schön die Industrialismuskritiker "begründen", und es muß von ihnen her "nachvollzogen" werden - nicht von Habermas oder Feyerabend her. Ich beziehe mich bei der Darstellung MEINER erkenntnistheoretischen Prämissen (S. 11 f.) auf Habermas (herrschaftsfreier Diskurs) und auf Feyerabend (Methodenpluralismus). That's it. Und daß eine Zusammenfassung IMMER den Charakter "apodiktischer Behauptungen" hat, sollte denkfähigen Wesen klar sein und nicht zum Vorwurf geraten. In einer Zusammenfassung kann und soll ja gerade nicht mehr groß und breit und detailliert begründet werden, was DAVOR groß und breit und DETAILLIERT begründet worden IST.
12. Es wird im Gutachten weiter moniert, daß in meiner Arbeit "ein die Einzelkritiken überwölbendes systematisches Analyseraster fehlt" [S. 4]. Das stimmt. Es war, alter Methodenpluralist, der ich bin, aber nie meine Absicht und es wird auch niemals meine Absicht sein, ein "systematisches Analyseraster" (was soll oder könnte das überhaupt sein, jenseits sozial-"wissenschaftlichen" Leerhülsenjargons?), das ich über alle anstehenden Fragen, Gegenstände, Themen, Probleme etc. etc. werfen könnte, zu entwickeln. So etwas überlasse ich Luhmann und anderen Methodenpuristen (Positivisten etc.). Was ich von Luhmanns Systemtheorie (S. 131-139) halte oder von anderen Methodenfanatikern, die die unfaßbare soziale Vielfalt in EINE Methodenschablone, in EIN "systematisches Analyseraster" manisch hineinzuvergewaltigen versuchen, das habe ich in meinem Erkenntnistheoretischen Prolog (S. 11 f.) angedeutet bzw. in meiner Darstellung und Kritik der Wissenschaftskritik der Industrialismuskritiker (S. 72 ff. bzw. S. 108 ff.) NACHLESBAR ausgeführt.
13. Es steht im Gutachten weiter zu lesen:
"Die ‚Rekonstruktionen‘ stellen oft nicht mehr dar als eine rezensionsartige
Wiedergabe einzelner Bücher. Nach überschlägiger Schätzung
wurden etwa 20-30 Monographien per ‚Nacherzählung‘ und übermäßiges
Zitieren auf diese Weise ausgewertet." [S. 4] Wer so etwas schreibt, kann
meinen gesamten Anmerkungsapparat (der etwa ein Drittel des gesamten Textes
ausmacht) und auch meine knapp dreißig Seiten lange Literaturliste
mit ungefähr 600 zitierten und Zeile für Zeile gelesenen und
exzerpierten Titeln definitiv NICHT GELESEN haben. Wie ich eingangs (Punkt
1) schon anmerkte, ist mir von einem Kommissionsmitglied definitiv bekannt,
daß es den gesamten Anmerkungsapparat NICHT GELESEN HAT. Meine Vorgehensweise
in den darstellend-rekonstruktiven Teilen meiner Arbeit ist in der Tat,
die jeweilige Thematik anhand von, so sie denn existieren, Standardwerken,
auf die sich fast alle Industrialismuskritiker mehr oder minder beziehen,
abzuhandeln. Ergänzende, relativierende, kritische oder verdeutlichende
Hinweise aus anderen Arbeiten anderer Autoren habe ich, wie in meiner Einleitung
(S. 19 f.) NACHLESBAR begründet, in den Anmerkungsapparat ausgegliedert.
Um nur ein konkretes Beispiel zu
nennen: In Kapitel 1 stelle ich Mumfords Standardwerk über die Entwicklung
des Industrialismus dar (S. 22 ff.); danach folgen ergänzende Arbeiten
von Sahlins, Amery, Illich, Huber, Strasser/Traube, Ulrich, Beck und Bahro
(S. 42 ff.). Liest man nur dieses Hauptkapitel, entsteht in der Tat der
Eindruck, ich hätte mich nur auf neun Autoren bezogen. Im Anmerkungsapparat
zu diesem ersten Kapitel, der allein 11 Seiten lang ist (S. 615-626), sind
aber fast neunzig Anmerkungen nachzulesen, in denen auf Ergänzungen
etc. von bzw. aus fast fünfzig Autoren/Arbeiten eingegangen wird.
Diese, meines Erachtens völlig
vernünftige Vorgehensweise(10) halte ich in allen
Kapiteln durch, zu deren Thema Standardwerke vorliegen (vgl. z.B. auch
Kapitel 6/Fred Hirsch, oder Kapitel 12/Collins/Lappé). In jenen
Kapiteln, zu deren Thematik keine Standardwerke vorgelegt worden sind,
versuche ich den Diskussionsstand selbst zu entwickeln (z.B. in den Kapiteln
3, 11 oder 15).
Die Behauptung, ich hätte mich,
was die Literaturgrundlage meiner Arbeit betrifft, größtenteils
auf die Auswertung von "20-30 Monographien" beschränkt, ist eine ÜBLE
SUGGESTION. Um mich zu wiederholen: Wer so etwas schreibt, hat große
Teile meiner Arbeit (Anmerkungsapparat/Literaturliste) NICHT GELESEN oder,
was den Vorwurf der lediglichen "Nacherzählung" betrifft, meine knapp
zweihundert Seiten umfassenden Kritiken (also etwa ein Drittel des fortlaufenden
Textes) in seiner "Begutachtung" nicht zur Kenntnis genommen.
14. Es folgt im "wissenschaftlichen" Gutachten ein Passus, der meines Erachtens nur noch übelste Motive der Gutachter zum Ausdruck bringt: "Scheunemann (ist, E.S.) um Konsistenz seiner Urteile und Aussagen sowieso nicht bemüht"; und "(a)uch Feyerabend... bekommt mit folgendem Satz Scheunemanns willkürliche Urteilsbildung zu spüren: "‘Wenn der Grundsatz anything goes wirklich absolut gelten soll, dann goes eben auch Ausschwitz.‘ (S. 16)" Mal davon abgesehen, daß den "Gutachtern" der Denunziationseifer derartig zu Kopf gestiegen zu sein scheint, daß sie Auschwitz nicht mehr richtig schreiben können, eine völlig falsche Seitenangabe machen (wo "S. 16" steht, müßte S. 117 stehen) und das Zitat nicht vollständig bzw. authentisch wiedergeben ("Wenn der Grundsatz anything goes (1986, S. 32, 37, 244, 259 f., 381 ff.) wirklich absolut gelten soll, dann goes eben auch Auschwitz."): Es wird mir jedes denkfähige Wesen zugestehen, daß ich in diesem zitierten Satz einen LOGISCH ZWINGENDEN SCHLUSS vollziehe - jenseits aller "willkürliche(n) Urteilsbildung". Nochmals: Welches Motiv treibt die "Gutachter"? Ich werde darauf zurückkommen.
15. Ich habe inzwischen aufgezeigt, daß
die Gutachter erhebliche Teile meiner Arbeit DENKNOTWENDIGERWEISE NICHT
GELESEN HABEN KÖNNEN. Es folgt im Gutachten ein Passus, der ZWINGEND
aufzeigt, daß meine Arbeit auch insgesamt nur diagonal überflogen
worden sein KANN: "Zentrale Begriffe der Arbeit wie ‚Tautologie‘ oder ‚industrieller
Exterminismus‘ u.a. werden nicht systematisch eingeführt." [S. 5]
Der Begriff des Exterminismus ist in keiner Weise ein "zentraler Begriff"
meiner Arbeit, ja er ist überhaupt kein Begriff von mir: Auf den Seiten
62-65 gehe ich kurz auf Rudolf Bahros Hauptwerk "Logik der Rettung" ein.
In dieser Arbeit spricht BAHRO von Exterminismus. Weder in den Kapitel
davor noch danach baue ich meine Argumentation in irgend einer Weise auf
diesen BEGRIFF BAHROS auf - ja ich nutze ihn noch nicht mal. Was muß
also im Kopfe der "Gutachter" vorgegangen sein, wenn sie WAHRHEITSWIDRIG
behaupten, Exterminismus sei ein "zentraler Begriff" meiner Arbeit? Da
eine solche Behauptung weder Ausdruck sorgfältiger Lektüre noch
klaren Denkens SEIN KANN, muß ich wiederum an den MOTIVEN der Gutachter
zweifeln. Davon aber, wie gesagt, erst später mehr.
Was den für meine Arbeit in
der Tat zentralen Begriff der Tautologie betrifft, so habe ich ihn gleich
einleitend (S. 13 mit Anmerkung 3: S. 614) grundsätzlich eingeführt
bzw. definiert und anhand einiger Beispiele erläutert. Von welchem
System her ich diesen Begriff "systematisch" weiter hätte "einführen"
können oder sollen, verrät das Gutachten nicht. Was ich übrigens
von alles und allem übergeordneten methodischen Systemen (Systemtheorie
etc.) halte, habe ich unter Punkt 12 ausgeführt: NICHTS. (Vorsorglich:
Das für mich in der Tat übergeordnete Konzept des herrschaftsfreien
Diskurses würde ich auf einer metamethodologischen Ebene ansiedeln:
Mit der Metamethode des herrschaftsfreien Diskurses muß methodenpluralistisch
begründet werden, welche konkrete Methode auf welchen konkreten Untersuchungsgegenstand
angewendet werden soll.)
16. Es wird weiter behauptet, ich hätte
die "Auswahl sowie die Repräsentativität der empirischen Untersuchungsfelder...
nicht begründet" [S. 5] Und: "Diesen ‚Nachweis‘ (daß nämlich
die "modernen kapitalistischen Industriesysteme hochgradig tautologisch
(sinnlos) und hochgradig kontraproduktiv (schädlich) konstruiert sind"
(S. 13), E.S.) bleibt der Verf. theoretisch und empirisch schuldig, obwohl
er immer wieder Beispiele anführt, die seine Kernthese belegen sollen"
[S. 5]; meine diesbezügliche "Quantifizierung... bleibt rätselhaft
und wissenschaftlich unüberprüfbar" [S. 7](11)
Nun, als ich diese Sätze las,
war ich schlechterdings sprachlos. Und ich bin noch immer sprachlos - ich
müßte nämlich in einer Weise in die NACHLESBAREN Details
meiner Arbeit gehen, die ich an dieser Stelle weder leisten KANN noch WILL:
Ich werde jenen, die sich, wie bisher an Beispiel über Beispiel gezeigt,
weigern, meine detaillierten Begründungen meiner Kernthese lesend
zur Kenntnis zu nehmen, hier nicht mit einer kurzen Zusammenfassung dieser
umfassenden Begründungen zu Hilfe kommen. Und nur am Rande: Von jenen
ebenso denkfähigen wie gutmeinenden Menschen, von denen ich sicher
weiß, daß sie meine Arbeit Zeile für Zeile gelesen haben
(eine Soziologin, ein Mathematiker/Philosoph, mehrere Volkswirtschaftler,
zig Studenten u.a.), habe ich in vielerlei Hinsicht z.T. heftige Kritik
gehört. An Schlüssigkeit und Begründungen meiner Kernthese
hat nun aber kein einziger gezweifelt! Woran das wohl liegen mag?
17. Ich habe eingangs darauf hingewiesen,
daß ich zur Not in jedem forensischen Beweisverfahren durch lautes
Vorlesen der entsprechenden Stellen meiner Arbeit bzw. der analogen Stellen
im Gutachten NACHWEISEN könnte, daß große Teile meiner
Arbeit von den Gutachtern NICHT GELESEN worden sein KÖNNEN. Dieser
Nachweis ist grausamerweise sogar bezüglich einer der zentralsten
Stellen meiner Arbeit zu führen: meiner (in ihrem Umfange alle anderen
Kritiken weit überragende) Kritik an der für die Industrialismuskritiker
zentralen Technokratiethese (S. 108 ff.). Im Gutachten steht zu lesen:
"So kann er (Scheunemann, E.S.) beispielsweise nicht erklären, warum
die Ökologiekritik in westlichen Demokratien seit den siebziger Jahren
stärker war als in kommunistischen Systemen, obwohl beide Systeme
aus der Sicht des Verf. den gleichen Handlungsimperativen unterlagen. Die
Antwort auf eine solche Frage ist mit dem einfachen Erklärungsansatz
des Verf. nicht zu geben; sie liegt im politisch-institutionellen Bereich
(Demokratien sind kritikfähiger und damit reformoffener als autoritäre
Systeme) und nicht in einer vermeintlichen Systemlogik, von welcher der
Verf. implizit ausgeht." [S. 6, Hervorhebungen E.S.](12)
Das GENAUE GEGENTEIL dieser ungeheuerlichen Behauptung ist wahr. Ich versuche
(S. 108 ff.) gerade unter Hinweis auf die ehemals realsozialistischen Systeme
aufzuzeigen, daß es mit den vermeintlichen industrialistischen "Handlungsimperativen"
bzw. mit der industrialistischen "Systemlogik" (das sind nur andere Umschreibungen
der FÜR DIE INDUSTRIALISMUSKRITIKER - UND NICHT FÜR MICH! - zentralen
Technokratiethese) nicht sonderlich weit her sein kann. Um von meinem Vorsatz,
nicht groß und breit aus meiner NACHLESBAREN Arbeit zu zitieren,
kurz abzuweichen: "Wenn eine gleiche technisch-ökonomische Basis,
Ergebnis der Anwendung der gleichen wissenschaftlichen Methodik, so unterschiedliche
soziopolitische Herrschaftsformen wie totalitären Stalinismus oder
liberale politische Demokratie zuläßt, dann ist nicht Technokratie
dominant, sondern dann dominieren nach wie vor diese soziopolitischen Herrschaftsformen
(Feudalismus, Kapitalismus, Stalinismus etc.)." (S. 110) Und: "Übrigens
scheint mir der Akzent auf Expertokratie und Technokratie ein Ausdruck
der extremen staats- und gesellschaftstheoretischen Schwäche der Industrialismus-
und Technikkritiker zu sein. Tiefergehende herrschafts- und ideologiekritische
Staats- und Gesell-schaftsanalysen, wie sie etwa, um nur wenige zu nennen,
Jürgen Habermas (1979, zuerst 1973), Claus Offe (1980, zuerst 1972),
Ralph Miliband (1975, zuerst 1969) oder James O'Connor (1974, zuerst 1973)
vorgelegt haben, sucht man bei den Industrialismuskritikern vergeblich."
(S. 113)(13) Und im Kontext meiner Kritik an der Erklärung
der Entstehung der industrialismuskritischen Neuen sozialen Bewegungen
(NSB) durch die Industrialismuskritiker (u.a.) schreibe ich, "daß
die Entstehung der NSB in den westlichen Industriestaaten nicht zuletzt
auf die relativ demokratischen politischen Verhältnisse in diesen
Staaten zurückzuführen ist. Es erscheint mir schon beinahe possierlich,
mit welcher Selbstverständlichkeit diese Autoren von Faktoren wie
Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit ausgehen... Ich sagte einleitend,
daß wir in einer Diktatur der Dummheit und Verantwortungslosigkeit
leben. Wir leben jedoch in keiner politischen Diktatur. Diese radikale
Tatsache und diesen radikalen Wert sollte man bei der Erklärung der
NSB - oder welcher sozialen Phänomene auch immer - und auch überhaupt
nicht vergessen." (S. 245)
Es gibt nur drei Möglichkeiten:
Entweder die Gutachter haben diese Zitate bzw. die entsprechenden Kapitel
meiner Arbeit, aus denen sie stammen, NICHT GELESEN - dann wäre eine
disziplinarrechtliche Prüfung, Feststellung und Durchsetzung ihrer
Beamtenpflichten angesagt (von wissenschaftlichem Wahrheitsethos will ich
schon gar nicht mehr reden!); oder sie haben meine Arbeit Zeile für
Zeile gelesen, aber offenbar NICHT BEGRIFFEN - dann wäre an ihrer
geistigen Befindlichkeit zu zweifeln; oder sie haben meine Arbeit Zeile
für Zeile gelesen, stellen aber WIDER BESSERES WISSEN NACHWEISBAR
UNWAHRE BEHAUPTUNGEN auf - dann wäre der Tatbestand ÜBLER NACHREDE
gegeben und der Nachweis ÜBELSTER MOTIVE erbracht. Man mag es sich
aussuchen.
18. Machte mich die Lektüre der unter Punkt 16 zitierten Kritik des Gutachtens an meiner Arbeit schlichtweg sprachlos, so meinte ich nach der Lektüre der nachfolgend zitierten Kritik bei den Gutachtern, wenn schon nicht wissenschaftliche Redlichkeit oder moralische Integrität, so doch einen gewissen Sinn für schrägen Humor feststellen zu dürfen: "Der Verf. hat auf keinem Politikfeld eigene empirische Forschungen betrieben." [S. 6] O.k! Als alter Sozialtheoretiker (Studien- und Arbeitsschwerpunkte: Politische Ökonomie/Sozialtheorie und Philosophie) werde ich mich demnächst an die nächste Straßenecke Stellen und empirische Verkehrszählungen vornehmen, um gleich danach mit einem Streifen Lackmuspapier den Säuregehalt der Elbe empirisch zu testen! Womöglich finde ich beim empirischen Nachprüfen des Krankheitszustandes des Waldes auch gleich noch den Baum, hinter dem sich der Weltgeist versteckt hält, den Hegel, dieser Schlingel, empirisch auch nie nachweisen konnte! Zuerst soll ich ALLES in EIN theoretisches Konzept pressen (siehe Punkt 12) - und jetzt soll ich auch noch empirisch alle Erbsen zählen! Aber wie soll man theoretisch (via z.B. Systemtheorie etc.) zu einem Begriffsmatsch Zusammengepreßtes dann noch empirisch zählen? Oder soll ich erst zählen und dann pressen? Heiliger Strohsack!
19. Einen weiteren hochpeinlichen Nachweis
von NICHTLEKTÜRE liefern die Gutachter schließlich, wenn sie
schreiben: "Die auf den Seiten 593 ff. und insbesondere 597-600 als ‚politische
Flankierungen‘ (S. 593) der von ihm erwünschten Einführung einer
‚ökologisch-humanen Wirtschaftsdemokratie‘ kursorisch angesprochenen
Vorschläge kann man nur als politologisches Sammelsurium bezeichnen,
das beliebig Stichworte aus dem Diskurs der Neuen Sozialen Bewegungen addiert,
ohne sich im Geringsten um Vereinbarkeiten zu kümmern oder die Fachliteratur,
etwa zu den Institu(t)ionalisierungsprozessen der sozialen Bewegungen,
oder die Rationalitätsprobleme ‚plebiszitärer Basisdemokratie‘
oder deren Vereinbarkeit mit ‚Volkssouveränität‘ oder dem ‚Konsensprinzip‘
etc. pp. zu kümmern. Herr Scheunemann ist hier (!!, E.S.), im genuin
politologischen Bereich seiner Arbeit, schlicht uninformiert und nicht
auf dem Stand der eigenen Wissenschaft." [S. 7, Hervorhebungen E.S.] Hochpeinlich,
um nicht, neudeutsch, ultrahochpeinlich zu sagen, sind diese ungeheuerlichen
Unterstellungen deswegen, weil sich die zitierten Seitenangaben als ‚Belege‘
("hier"!) auf meine KURZEN ZUSAMMENFASSUNGEN der soziopolitischen und transformationstheoretischen
Alternativen der Industrialismuskritiker in Teil III "Zusammenfassung"
(S. 587 ff.) beziehen und nicht auf die eigentlichen, ausführlichen
Kapitel in Teil II (S. 544 ff. und 566 ff.)!! An JENER Stelle ("hier"!)
"kümmere" ich mich in der Tat nicht mehr im Detail um die inkriminierten
Fragen - das haben Zusammenfassungen so an sich. Man hätte in den
eigentlichen Kapiteln NACHLESEN können, was die Industrialismuskritiker
(und, vor allem in meinen Kritiken, ich) zu den genannten Fragen (Basisdemokratie
etc.) detailliert zu sagen haben, und man hätte daselbst NACHLESEN
können, daß ich mich um die "Fachliteratur" KÜMMERE: Zu
Kapitel 17 mache ich, ich habe nachgezählt, 39 verschiedene Literaturangaben
(Anmerkung 1, S. 798), und zu Kapitel 18 entsprechend 43 (Anmerkung 1,
S. 800).
Und daß ich die genannten
(ergänzt um Kapitel "I/7.") "im engeren Sinne politikwissenschaftlichen
Kapitel... zum Teil auf der Basis älterer Literatur" - und ich würde
sogar noch verstärken: fast nur "älterer Literatur" - "durchgeführt"
[S. 6], um nicht zu sagen: abgehandelt habe, liegt einfach daran, daß
die in Frage stehenden Themen (Neue soziale Bewegungen, Basisdemokratie,
imperatives Mandat, Konsensprinzip etc.) schlicht und ergreifend und leider
und bis zu einer gewissen Bewußtlosigkeit ausdiskutierter Schnee
von gestern sind, also neuere, und am allerwenigsten industrialismuskritische
(mein Thema!)(14), Literatur zum Thema kaum mehr oder
nicht mehr erschienen ist.(15)
F A Z I T
Das mir vorgelegte "Gutachten" ist ein
schludrig erstelltes, peinliche fachliche Inkompetenz, hochgradige Unbelesenheit
und übelste wissenschafts-, wahrheits- und moralferne Motive offenbarendes
Elaborat. Üble Motive? Ich habe mich an so vielen Stellen des Gutachtens
gefragt, welche Motive vermeintliche "Wissenschaftler" dazu treiben könnten,
eine derartige Anhäufung von Fehlern, falschen und unwahren Behauptungen,
Unterstellungen, pauschalen Abqualifizierungen und übelster Nachrede
abzusondern. Nun, die folgende Vermutung kann ich zwar nicht beweisen,
das Gutachten, nimmt man seine Stimmung, seinen Tenor zur Kenntnis, stinkt
in dieser Richtung aber regelrecht zum Himmel: Ein nur kooptativ zu erweiterndes
erlauchtes Gremium will keinen Nestbeschmutzer in seine Reihen aufnehmen.
Nestbeschmutzer? Nun, wenn ich mich
schon in meinem „Erkenntnistheoretischen Prolog“ gegen das im sozial-"wissenschaftlichen"
Betrieb weit verbreitete (ich kenne den Laden schon fast zwei Jahrzehnte!)
Diagonalgelese und -geschwätz verwahre(16); wenn
ich Thesen und theoretische Ansätze als kompletten Unsinn nachweise
(interessanterweise geht das Gutachten auf KEIN EINZIGES meiner INHALTLICHEN
Argumente ein!), die, um ein paar Beispiele anzuführen, das - letztlich
nur für das Weltall relevante - Entropiegesetz als für menschliche
Energiebelange relevant daherschwätzen (Georgescu-Roegen), das Projekt
Humanismus und Aufklärung für den Faschismus verantwortlich machen
(Horkheimer/Adorno), den hochkomplexen Zusam--men-hang zwischen Natur und
Gesellschaft(17) in ihre geradezu einfältige systemtheoretische
Schablone zu pressen versuchen (Luhmann), die ein Ende der Arbeitsgesellschaft
(Gorz u.a.), das Ende der Arbeitsteilung (Kern/Schumann) oder das Ende
der Massenproduktion (Piore/Sabel) behaupten, um damit einem modischen
Zeitgeist zu gefallen und Ruhm und Ehre zu erheischen, große Auflagen
zu verkaufen und Themen vorzugeben, damit man wieder die nächste Fachzeitschrift
vollschreiben und den nächsten publikumswirksamen Kongreß beanraumen
kann - nun, ein derartig gescholtener "Wissenschafts"-Betrieb scheint,
wahrheits- und moralfern, wie er in großen Teilen ist, zu reagieren,
wie die "Gutachter" in ihrem "Gutachten", das man nur schlecht achten kann,
faktisch reagiert haben.
Nun hat sich der Wissenschaftsbetrieb
glücklicherweise in den letzten Jahrzehnten dahingehend entwickelt,
daß sich wissenschaftliches Gutachten gegen wissenschaftliches Gutachten
stellt und daß dieser Streit zur Not vor der Öffentlichkeit
(wir erinnern uns des diskurstheoretischen Wesenszusammenhanges zwischen
Demokratie und Wahrheit) und, wenn es nicht anders geht, in einem forensischen
Beweisverfahren, also VOR GERICHT ausgetragen wird. Ich werde diesen letzten
Weg beschreiten, falls die Habilitationskommission ihr "Gutachten" nicht
OFFIZIELL ZURÜCKZIEHEN sollte! Dieses, kongnitiv ebenso wie moralisch
betrachtet, miese Machwerk gehört eingestampft oder an das Licht der
Öffentlichkeit gezerrt. Was letzteres für die Reputation und
die beamtenrechtliche Situation der Gutachter bedeuten könnte, brauche
ich hier nicht länger auszubreiten.
Mit freundlichen Grüßen!
Egbert Scheunemann
ANMERKUNGEN:
(1) Den Gutachtern meiner Arbeit habe ich eine Kopie dieses Schreibens zur Kenntnisnahme zugeschickt. Da mir die genauen Anschriften der anderen Kommissionsmitglieder nicht bekannt sind, möchte ich Sie um eine entsprechende Weiterleitung dieses Schreibens bitten.
(2) Alle Seitenangaben in eckigen Klammern beziehen sich auch im folgenden auf das Gutachten, alle Seitenangaben in runden Klammern auf meine Arbeit.
(3) In den exakt zwei Zeilen (!!) des Gutachtens, in denen "Die Leistung des Verfassers" gelobt wird, steht zu lesen: "Der Verf. hat sich in das komplexe Thema breit eingearbeitet und mit einem beachtlichen Arbeitsaufwand eine Darstellung und Zusammenfassung ökologiekritischer Literatur geboten." Wahrscheinlich war nicht ökologie-, sondern industrialismuskritische Literatur gemeint - aber immerhin!
(4) Warum ich übrigens in meiner Arbeit - von wenigen Hinweisen abgesehen (vgl. z.B. S. 93 f.) - nicht detaillierter auf die konservative bis präfaschistische Kulturkritik eingegangen bin - Nietzsche, Spengler, Heidegger etc. - , erscheint vor dem Hintergrund meiner in meinem Erkenntnistheoretischen Prolog (S. 11 f.) geäußerten Wertgrundlagen einsichtig und nicht weiter begründungsbedürftig.
(5) Dabei sei angemerkt, daß ein solcher Hinweis nicht immer notwendig erscheint: Warum etwa ein Mediziner Krebsforschung betreibt, sollte ohne lange Begründungen und Rechtfertigungen klar sein. Warum aber beispielsweise Luhmann nun JEDES gesellschaftliche Sub- und Subsubsystem in seine systemtheoretische Schablone zu pressen versucht (vgl. in meiner Arbeit S. 131-139), scheint mir, gelinde gesagt, etwas begründungsbedürftiger...
(6) Vgl. beispielsweise meine Kritiken an den (in den sozial-"wissenschaftlichen" Fachzeitschriften etc. jahrelang breit bis affirmativ diskutierten) Thesen vom Ende der Arbeitsgesellschaft (S. 256 ff.), Ende der Arbeitsteilung (S. 260 ff.), Ende der Massenproduktion (S. 264 ff.) oder auch zur sozial-"wissenschaftlichen" Entropie-Diskussion (S. 199 ff.).
(7) Um Mißverständnissen vorzubeugen: Habermas unterscheidet selbstverständlich zwischen theoretischem Diskurs (diskursiv-konsensuelle, im Streitfalle: demokratische Wahrheitsfindung in der Forschergemeinschaft) und praktischem Diskurs (diskursiv-konsensuelle, im Streitfalle: demokratische Festsetzung von gesellschaftlichen Normen durch die Gemeinschaft vernunftbegabter Menschen). Auch bei Habermas soll, sowenig wie bei Feyerabend, etwa über die Gültigkeit des Satzes des Pythagoras demokratisch entschieden werden.
(8) Feyerabend könnte in dieser Zusammenfassung der Thesen und Alternativen der Industrialismuskritiker maximal insofern auftauchen, als die Industrialismuskritiker sich wesentlich auf Feyerabends Wissenschaftskritik beziehen (S. 85 ff.). Mit allen anderen Thesen und Alternativen der Industrialismuskritiker hat Feyerabend aber nichts zu tun.
(9) Ich habe übrigens von Apels Schriften nicht viel Ahnung. Mit dem Hinweis "(Habermas, Apel)" in meinem Erkenntnistheoretischen Prolog (S. 11) wollte ich gerechterweise nur darauf hinweisen, daß das Konzept des herrschaftsfreien Diskurses nicht allein von Habermas entwickelt worden ist.
(10) By the way geht übrigens auch Habermas in seinen Werken, z.B. in seiner Theorie des Kommunikativen Handelns, größtenteils so vor: Darstellung von Standardwerken (von Weber, Mead, Parsons etc.) zum Thema und kritische Weiterentwicklung (in den systematischen Zwischenbetrachtungen) der so gewonnenen Erkenntnisse.
(11) An der Stelle, auf die oben Bezug genommen wird, ist mir in der Tat ein kleiner Lapsus unterlaufen. Er betrifft jedoch nicht die oben inkriminierte Quantifizierung, sondern den nachlässig quantitativ verkürzten Sinngehalt des Prädikates meines Satzes: "Es wurde nachgewiesen (Teil C, Kapitel 1-13), daß inzwischen zwei Drittel bis drei Viertel der gesamten industriellen Produktion und Distribution hochgradig tautologisch, also selbstbegründend sind." (S. 588 bzw. im Gutachten S. 7) Es muß bzw. müßte, wie ich an zig Stellen meiner Arbeit analog formuliere, heißen: "...tautologisch, also selbstbegründend, und kontraproduktiv, also schädlich, konstruiert sind."
(12) Etwas später wird mir dann noch eine "Fixierung auf den ‚Industrialismus‘" vorgeworfen, die mir den Blick auf "zentrale politikwissenschaftliche Frage(n)" verstelle [S. 6]
(13) Soviel auch als Hinweis auf die im Gutachten gestellte Frage nach meinem "Begriff von politischem System" bzw. danach, ob ich von einem "strukturfunktionalistischen oder neomarxistischen Systembegriff" ausgehe [S. 5] Wer meine Arbeit, und vor allem jene Teile, in denen ich die Begriffe Industrialismus/Technokratie von dem Begriff Kapitalismus abgrenze und in denen ich - in den entsprechenden Kritiken - die Industrialismuskritiker für ihre Begriffskonfusion heftigst kritisiere (siehe oben und vor allem auch die Kapitel 10, 12, 15 und 17), wird solche Fragen nicht stellen.
(14) Ich habe in meiner Arbeit immer wieder und immer wieder darauf hingewiesen: Mich interessiert, was die Industrialismuskritiker zu den einzelnen Themen zu sagen haben. Ich kann nicht (und kein Mensch kann das) DIE sozialwissenschaftliche Diskussion zu den einzelnen Themen (von der Geschichte des Industrialismus über ökonomische Krisentheorien bis hin zur III. Welt-Diskussion etc.) in ihrer ganzen Breite und Fülle verarbeiten. Das gilt selbstverständlich auch für die von den Industrialismuskritikern angesprochenen "speziell politologischen" Themen.
(15) Ob sich wohl ihr von mir hochgeschätzter Kollege Joachim Raschke mit ihren abqualifizierenden Urteilen, daß es sich bei meiner Abhandlung über die Neuen sozialen Bewegungen (Kapitel 7), bei der ich mich auf Raschkes Standardarbeit von 1987 (vgl. meine Literaturangaben S. 696 f. u. 824 f.) immer wieder beziehe, oder auch bei meiner detaillierten Darstellung der soziopolitischen (S. 544 ff.) und transformationstheoretischen Konzepte der Industrialismuskritiker (S. 566 ff.) nur um ein politologisches Sammelsurium handelt? Ob er wohl mit der Abqualifizierung seines - die themenspezifischen Fachkenntnisse der "Gutachter" weit in den Schatten stellenden - , wie gesagt, Standardwerkes als "ältere Literatur" zufrieden sein wird?
(16) Was soll man von Menschen halten, die trotz dieser eindeutigen Vorwarnung ein Gutachten vorlegen, das NACHWEISBAR ein einziger großer Ausdruck von Diagonalgelese- und -geschwätz ist?
(17) Ich kenne neben dem industrialismuskritischen übrigens - und zwar mit weitem Abstand - keinen zweiten theoretischen Ansatz, der den hochkomplexen Zusammenhang zwischen kapitalistisch-industrieller Entwicklung und Natur methodisch wie inhaltlich ebenso hochkomplex abzuarbeiten versucht. Die kaum größer denkbare Anzahl der Untersuchungsgegenstände (tendenziell alle gesellschaftlichen Subsysteme), die Vielfalt der herangezogenen theoretischen Erklärungsansätze und die Fülle der empirischen Fundierungen suchen in der Sozialtheorie ihresgleichen - und zwar, um mich zu wiederholen, mit weitem Abstand. Im industrialismuskritischen Kontext (und zu diesem zähle ich mich definitiv) von, wie das Gutachten, einer "Neigung zu monokausalen Erklärungen" zu sprechen [S. 6], ist deswegen so ABSURD wie es ABSURDER kaum sein kann.