Egbert Scheunemann: Ökologisch-Humane Wirtschaftsdemokratie: Teil C: Ökologische Kritik am Industrialismus und sozialökologische Alternativen
Der hier vorliegende Teil C Ökologische Kritik am Industrialismus
und sozialökologische Alternativen schließt das Gesamtprojekt
Ökologisch-humane Wirtschaftsdemokratie ab, dessen Teile A/B in diesem
Verlag bereits 1990 erschienen. In den ersten beiden Teilen dieses Projektes
wurde das theoretische Modell einer humanen Wirtschaftsdemokratie von Ota
Sik als ein ebenso umfassendes wie detailliertes und wissenschaftlich fundiertes
gesellschaftliches Alternativmodell zusammenfassend dargestellt und konstruktiv
kritisiert. In diesem dritten Teil wird der (1990 schon angekündigte)
Versuch unternommen, dieses Modell einer humanen Wirtschaftsdemokratie
zu dem einer ökologisch-humanen Wirtschaftsdemokratie zu erweitern.
Dabei soll erstens aufgezeigt werden, daß das kapitalistische
Industriesystem hochgradig tautologisch (selbstbegründend) und/oder
kontraproduktiv (zerstörerisch) konstruiert ist. Das Verkehrssystem
Automobil beispielsweise bringt in der Summe aller einzel- wie volkswirtschaftlichen
Zeitaufwendungen und Zeitgewinne nicht nur keinerlei Beschleunigung über
die menschliche Gehgeschwindigkeit hinaus, sondern es verlangsamt uns -
und es tötet in der BRD jährlich knapp zehntausend Menschen,
verletzt hunderttausende und zerstört unsere Umwelt wie unsere Städte
als soziale Lebensräume. Nicht ganz so katastrophal, aber ähnlich
tautologisch und kontraproduktiv fallen die zeitökonomischen wie ökosozialen
Bilanzen des industriellen Energiesystems oder etwa die der industriellen
Landwirtschaft aus. Das Industriesystem ist, wie hier ebenso empirisch
fundiert wie analytisch stringent aufgezeigt wird, in einer Größenordnung
von etwa zwei Dritteln tautologisch und/oder ökosozial kontraproduktiv
- und d. h. umgangssprachlich formuliert: idiotisch und menschenverachtend
- konstruiert.
In einem zweiten Schritt soll aufgezeigt werden, mit welchen mikro-
und makroökonomischen sowie ökologischen bzw. umweltpolitischen
Konzepten und Maßnahmen das Industriesystem auf seinen rational begründbaren
Kern reduziert und wie dieser produktive Kern möglichst ökologisch
und sozial verträglich gestaltet werden kann.
Sowohl die hier geleistete Kritik am Industriesystem wie die Auswahl
und Konstruktion alternativer Konzepte orientieren sich am Projekt Humanismus
und Aufklärung als regulativer Idee politischen Handelns: Das produktive
Reich der Notwendigkeit soll so weit wie möglich reduziert werden
zugunsten einer maximalen Erweiterung des Reiches der Freiheit als Grundlage
einer umfassenden sinnlichen, erotischen, humanen, sozialen, kulturellen,
künstlerischen und wissenschaftlichen Entfaltung des Menschen. Wenn
man das Projekt Humanismus und Aufklärung identifiziert mit dem Projekt
der Moderne, dann erscheint diese Moderne - jenseits aller vielpublizierten
postmodern-zeitgeistigen Geistlosigkeiten - gerade mal schüchtern
begonnen zu haben.